Insulinpumpe

Quo vadis – schöne neue Insulin­pumpen­welt?

Es wurde Zeit, Zeit für eine neue Insulin­pumpe. Letzten Freitag habe ich mich von meinem Dino­saurier getrennt. Zwölf Jahre hat sie mich begleitet und war ohne Unter­brechung überall mit dabei. Ja, ich habe sie gegen das gleiche Modell ein paar Mal aus­tauschen müssen. Doch sie war über allen Maßen zuver­lässig und hat mich fast nie im Stich gelassen. Eine Träne ist mir schon über die Wange gerollt, als ich sie deaktiviert habe. Ich werde den Dino­saurier vermissen. Danke für deine Zuver­lässigkeit.

Die Entscheidung für ein neues Insulin­pumpen­system fiel mir absolut nicht leicht. Am Anfang meiner Pumpen­zeit hatte ich mehrfach Probleme mit den werkseigenen Roche-Kathedern meiner Akku Chek Spirit. Ich war nicht zufrieden mit der Halt­barkeit am Körper. Mein Alltag mochte es gar nicht, wenn der Katheder so starr am Körper befestigt war. Abrisse vom Körper, vor allem im Sommer waren die Regel. Auch die Teflon-Variante war für mich absolut nicht zufrieden­stellend.

Zum Glück gab es jedoch den Orbit-Micro-Katheter. Seine flexible Befestigung erwies sich für mich über die Jahre als ebenso zuverlässig. Dank eines vor über 10 Jahren geltenden Standards war es möglich, dass ich diesen Katheter an meiner Pumpe betreiben konnte. Über den sogenannten Luer-Lock-Anschluss konnten auch werksfremde Katheter an das Pumpen­system angeschlossen werden. Doch diese Möglichkeit des Austauschs und individuellen Anpassens existiert heute nicht mehr.

Doch leider machte nun doch mein Dinosaurier einmal schlapp. Die Garantie­zeit war inzwischen schon weit abge­laufen und ich musste mich ent­scheiden. Sollte es wieder die robuste und zu­ver­lässige Akku Chek Spirit werden oder doch ein neueres Closed-Loop-System, wo mein Dexcom G6 als CGM mit der Pumpe redet?

Doch diese Entscheidung war nicht so leicht zu treffen. Ich wollte den Orbit Micro-Katheter behalten oder zumindest einen Katheder finden, der ähnlich flexibel am Körper verbleibt. Doch Puste­kuchen war es. Es gibt keinen Standard mehr. Jeder Pumpen­hersteller hat inzwischen sein eigenes System von Kathedern. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter ist unter keinen Umständen möglich.

Ich war irritiert. Was ist, wenn ich auf ein neues Pumpen­system umsteige und im Alltag aber der Katheder nicht am Körper verbleibt? Also entschied ich mich vorerst für die Mylife YpsoPump. Immerhin konnte ich somit den Orbit Micro weiter verwenden.

Die nächste Überraschung kam dann bei der Pumpen­einweisung. Es stellte sich heraus, dass die YpsoPump nicht mit meinem Mobil­telefon reden mag. Der Grund war, dass ich eine gepatchte Dexcom-App auf meinem Handy laufen hatte. Die YpsoPump verlangte aber eine App auf zertifizierten Mobil­telefonen. Diese Zertifizierung ist aus medizin­recht­lichen Gründen durchaus verständlich. Doch aktuelle Modelle befinden sich in der Liste von Dexcom nicht. Darüber hinaus sind diese gelisteten Mobil­telefone teilweise sehr hoch­preisig.

Ein weiterer Punkt, der mich hoch­gradig irritiert hatte, war, was denn passiert, wenn ich mein Handy verliere oder das teure Telefon gestohlen wird. Sicher, die Pumpe funktioniert dann noch, aber es existiert dann keine Kom­mu­ni­ka­tion zwischen Pumpe und Sensor mehr und die Angabe der aktuellen Blut­zucker­werte sowie die Steuerung der Insulin­abgabe sind vorerst futsch. Diese Lösung, die Kontrolle meiner Insulin­pumpe mit dem Mobil­telefon erledigen zu wollen erschien mir im ersten Moment zwar praktisch dann aber doch als absolut alltags­untauglich.

Also entschied ich mich für die Accu Chek Insight. Immerhin besitzt dieses Pumpen­system ein handy­ähnliches Interface wo eine KI ihre Arbeit verrichtet und unabhängig vom Streichel­telefon die Steuerung der Pumpe sowie die Angabe der Blut­zucker­werte übernimmt. Die Gefahr eines System­ausfalls ist somit deutlich verringert.

Auch war ich wohlwissend, dass ich das Problem der Katheter­befestigung damit nicht aus der Welt geschafft habe. Die starre Fixierung des Roche-Katheters am Körper wird sich in den kommenden Monaten, wo das Leben wieder mehr draußen statt­findet, erst noch unter Beweis stellen müssen. So richtig zufrieden bin ich mit dieser Lösung jedenfalls nicht.

Klar, die Insight hat Eigen­schaften, die ich zum Teil an meiner alten Pumpe vermisst habe. So ist der Anschluss der Insulin­kartusche an den Katheter deutlich einfacher. Ein lästiges Klopfen zum Entfernen der Luft­bläschen entfallt fast gänzlich. Auch muss ich nicht mehr das Insulin vorher in Plastik-Kartuschen umfüllen und kann die Glas­ampullen direkt in der Pumpe verwenden.

Doch die 1,6ml-Patronen haben eben nur den halben Vorrat an Insulin. Gut, es ist sinnvoll die Einstich­stelle nach zwei Tagen zu wechseln. Doch die gleiche Packungs­größe für die Hälfte des Insulins kostest dann eben auf Dauer doch das Doppelte an Zuzahlung in der Apotheke.

Was mich am meisten an der Situation ärgert ist die Profit­gier der Insulin­pumpen­hersteller. Warum existiert kein Standard für den Katheter­anschluss, der nach individuellen Bedürfnissen einen Katheter auswählen lässt? Was ist, wenn ich ein so fort­schritt­liches Pumpen­system mein Eigen nenne, aber den Klebstoff des Katheter­pflasters nicht vertrage und allergisch reagiere? Es wäre so ein leichtes Unter­fangen mit einem stan­dar­di­siertem Anschluss dieses Problem aus der Welt zu schaffen. Doch was hier fehlt ist eine starke Lobby von Betroffenen, die Druck auf Politik und Konzerne ausübt. In manchen Augen erscheinen meine Gedanken vielleicht als Lappalien, doch wenn Medizin zum Wohle von Betroffenen agieren soll und in nahezu jedem Bereich Standards bestehen, verstehe ich nicht wie solche Auswüchse bestehen können. Hier besteht jedenfalls Nachhole­bedarf.

Ich würde jedenfalls gern Eure Meinung dazu hören und wünsche Euch schon mal einen schönen Sommer.

Liebe Grüße, Peter

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