Dieses Wochenende hatte es wirklich in sich. Neben der nicht ganz unwichtigen Europawahl fanden sich gestern mehr als 300 000 Leute bei der Regenbogenparade in Wien ein. Meine Tochter war neugierig auf dieses Massenevent und so sind wir kurzerhand zum Parlament an der Ringstraße spaziert. Es war laut, sehr laut. Der Umzug erinnerte mich sehr an die noch nicht über die Maßen kommerzialisierte Loveparade Anfang der 90er in Berlin. Nur waren die Outfits diesmal um einiges besser und die Botschaft noch deutlicher.
Im Museumsquartier nebenan fand zeitgleich eine Veranstaltung statt, auf die ich mich sehr gefreut hatte. Die Ayurveda Days. Noch mehr gefreut hatte ich mich allerdings darauf, dort Christa zu treffen, die ich in Nadiad kennengelernt hatte. Ich war neugierig, wie es ihr nach sieben Wochen Panchakarma und einem Neustart zu Hause ergangen war. Christa strahlte vor Glück und für mich war es eine wirklich große Freude zu erfahren, wie viele positive Veränderungen sich seit ihrem Aufenthalt im P.D. Patel Ayurveda Hospital für sie gesundheitlich eingestellt hatten. Wir hatten einiges zu besprechen und es war für mich fast wie ein kleines Ayurveda-Klassentreffen.
Die Ayurveda Days hatte ich bereits 2018 das erste Mal besucht. Auch dieses Mal wurden von diversen Anbietern mehr oder weniger ayurvedabezogene Produkte angeboten. Dass sich mit der Überschrift Ayurveda gut Geld verdienen lässt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Der vor sechs Jahren noch vorhandene exotische Aspekt war jedoch für mich inzwischen verflogen. Zu tief bin ich inzwischen in die Materie eingedrungen. Unbestreitbar ist, dass offenbar ein Markt vorhanden ist, der die Sehnsucht der Menschen nach einer anderen Art von Medizin befriedigen möchte. Teils eben mit fragwürdigen Methoden. Teils aber auch mit Lichtblicken und Überraschungen.
Ich war neugierig, ob sich seit 2018 etwas Grundlegendes bei den Vorträgen verändert hatte. Zu meiner Überraschung gab es bei den Vortragenden ein anderes Selbstverständnis, dass ich vor sechs Jahren noch nicht so wahrgenommen hatte. Auf der anderen Seite gab es allerdings auch wieder diejenigen, welche ihre kommerziellen Interessen mit schlicht blödsinnigen oder nicht helfenden Methoden verkaufen möchten. Ein Panchakarma-Set für zu Hause von Herrn Dr. Schachinger ist in meinen Augen einfach nur eine Frechheit. Es gibt so viele schulmedizinisch nicht erklärbare Phänomene und Leute wie Schachinger und diese Maharishi-TM-Typen nutzen dieses Bedürfnis für ihre Zwecke. Es macht mich einfach nur wütend, das unglaubliche Potenzial von Ayurveda für rein kommerziellen Absichten zu okkupieren und in Misskredit zu bringen. Zu diesem Thema möchte ich den Film „David wants to fly“ von 2010 empfehlen, der die Machenschaften der TM-Sekte ziemlich auf den Punkt bringt.
Nichtsdestotrotz hatte ich den Eindruck, dass Ayurveda etwas mehr in der Mitte der Bevölkerung angekommen ist. So wie Yoga, das inzwischen fester Bestandteil unserer Kultur geworden ist, werden Teile des Ayurveda mit Sicherheit sich in der westlichen Welt integrieren. Der Turbokapitalismus von heute schreit nach Entschleunigung. Der Schlüssel dafür kann Ayurveda heißen.