Tuk.-Tuk

Ein Tag am P.D. Patel Ayurveda Hospital

In meinem heutigen Beitrag möchte ich über einen ganz normalen Tag am P.D. Patel Ayurveda Hospital schreiben. Wenn auch manche Panchakarma als Kur bezeichnen, arten die recht straffen Termine zuweilen fast in Stress aus. Dann bleiben manchmal weniger als fünf Minuten, um zur nächsten Behandlung zu gelangen. Dennoch gibt es auch die wichtigen Momente des Inne­haltens und der Erholung. Und in diesen Augen­blicken freue ich mich auch über die baldige Heimkehr.

6.30Uhr
Die Blutdruckschwester klopft an die Tür. Schlaftrunken schiebe ich das Moskitonetz beiseite und öffne langsam die Tür. Der Tag beginnt.

6.30 – 7.00Uhr
Immer noch schlaftrunken setze ich mich an den kleinen Tisch vor meinem Fenster. Die Tür bleibt offen, damit die kühle Morgenluft ins Zimmer strömen kann. Ich rühre mir einen Löffel Chyawanprash in einen Becher mit warmer Milch. Ich zögere den Moment des Genusses der einzigen süßen Mahlzeit bewusst hinaus, bevor ich zur Einnahme der äußerst bitteren pflanzlichen Medizin komme. 

7.00 – 8.00Uhr
In den letzten Wochen habe ich endlich etwas verstanden, was Yoga bedeutet. Ich versuche meine Grenzen wahr­zu­nehmen und diese auch zu akzeptieren. Es ist ein Anfang. Die tägliche Praxis tut mir und dem Blut­zucker­anstieg nach dem Chyawanprash gut. Kurz vor Acht klopft eine Schwester an die Tür. Sie lächelt über meine ausgerollte Yogamatte und reicht mir ein Gerät zum Pulsmessen herüber. Nur ist dieser stets viel zu hoch. Kurz vor 8.00Uhr erkundigt sich in einer Vorvisite ein Assistenz­arzt nach meinem Befinden. Er führt abschließend eine Puls­diagnose durch. Je nach Tages­ver­fassung und Intensität beim Yoga bin ich dann Vata-Pitta, Vata-Kapha, Kapha-Pitta oder auch Pitta only. 

ca. 8.00Uhr
Professor Gupta rückt mit seinem Hofstaat zur Visite an. Im Gegensatz zu anderen Patienten begrüßt er mich mit Handschlag. Er zeigt ein reges Interesse am Verlauf meiner Behandlung. Ich habe allerdings den Eindruck, dass ihn jedoch der Blut­zucker­verlauf am Freestyle Libre mehr interessiert. Die westliche Welt kann also doch noch mit etwas überraschen.

ca. 8.15Uhr
Zur Durch­blutungs­förderung in meinen Beinen wird an mir eine uralte Technik angewandt: Schröpfen. Dazu wird ein Watte­bausch mit Ethanol getränkt und angezündet. Anschließend wird damit der Sauerstoff in handels­üblichen Trink­gläsern verbrannt. Die Gläser landen danach auf meinen Beinen. Sie werden durch den erzeugten Unterdruck festgehalten. Die Gläser verbleiben etwa fünf Minuten an meinen Beinen.

8.30Uhr – 9.00Uhr
Mit Bademantel und Handtuch bestückt marschiere ich gemeinsam mit Matthias zur Massage. Es erwartet mich nun die angenehmste aller Behandlungen am Tag. Bei der Ganz­körper­öl­massage (Snehana) wird zuerst im Sitzen die Kopfhaut mit Öl eingerieben. Im Liegen geht es weiter mit Gesicht, Ober­körper und Beinen. Nach fünf Minuten wird jeweils die Position gewechselt, so dass der gesamte Körper schließlich mit Sesamöl gerieben ist. Diese auch Abhyanga genannte Behandlung werde ich ab nächster Woche sehr vermissen. 

9.15 – 9.45Uhr
Nicht so sehr vermissen werde ich das anschließende Masha Pinda. Auch wenn diese Behandlung ihre angenehmen Momente hat, kann ich mich mit dem zuweilen extrem heißen Leinen­tuch auf meiner Haut nicht anfreunden. Ich bin dann froh, wenn ich mit dieser glibberigen Masse bedeckt vom Massage­tisch herunter kann.

9.45Uhr – 10.45Uhr
Die anschließende Trocknung auf dem Dach ist inzwischen zu einem angenehmen Ritual geworden. Die intensiven Gespräche mit dem ebenfalls eingeschmierten US-Amerikaner sind mir mittler­weile ans Herz gewachsen. Wir warten beide die eine Stunde, bis sich in der heißen Sonne eine feste zweite Haut gebildet hat. 

10.45Uhr – 11.30Uhr
Die ersten Tage der Reinigung von dieser Haut waren eine echte Heraus­forderung. Inzwischen habe ich eine recht effektive Technik entwickelt, diesen Belag auch ohne eine Dusche zu entfernen. Allerdings dauert dies seine Zeit und ich habe wegen der nächsten Behandlung ein wenig Zeitdruck.

11.30Uhr – 12.00Uhr
Punkt halb Zwölf klopft der „Basti-Men“. Dann bekomme ich die zuvor beschriebene Darm­spülung alias Niruha Basti. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe besteht darin, den Inhalt eine halbe Stunde zu halten. Dazu murmelte der „Basti-Men“ nur: Relax!

ca. 12.00Uhr
Über diese ganzen Behandlungen vergesse ich, dass ich Hunger habe. Die 18 Stunden seit der letzen Mahlzeit sind zuweilen sehr lang. Dennoch hat sich mein Körper an dieses inter­mittierende Fasten angepasst. Mein Appetit hält sich trotz der unglaublich leckeren Nahrung in Grenzen. Nach dem Mittag­essen habe ich meine erste längere Pause am Tag. 

14.30Uhr – 15.30Uhr
Um meine leichten Schmerzen im unteren Rücken zu lindern, bekomme ich am Nachmittag eine weitere Ölbehandlung. Dazu wird ein Kranz aus Teig auf meinem Rücken angeheftet. In diesen Kranz wird warmes Öl mit mir nicht bekannten Heil­kräutern gegossen. Das Öl wird nach etwa 20 Minuten ausgetauscht. Die ganze Prozedur ist so angenehm, dass ich nach dem ersten Ölwechsel meist einschlummere. 

ca. 15.30Uhr
Zurück von der Ölbehandlung wartet auf mich meist schon die Stations­ärztin Namrata. Sie erkundigt sich nach der Dauer des Bastis, aber auch nach meinem Befinden. Diese Nach­mittags­visite ist meine Möglichkeit Fragen zu Behandlungen, aber auch zur Wirkungs­weise verabreichter pflanzlicher Medikamente zu stellen. 

15.45Uhr – 16.00Uhr
Nach der Nachmittags­visite erhalte ich meine letzte Behandlung am Tag. Das Nasya wird meist auch von Namrata verabreicht.

Danach habe ich meine zweite längere Pause am Tag. Zum inzwischen fest eingefahrenen Klinik-Alltag bieten sich auf dem Gelände leider nicht sehr viele Möglichkeiten der Abwechslung. Auch wenn es allen ausländischen Patienten unter Androhung des Rausschmisses verboten ist, das Areal zu verlassen, verliert die Drohung nach fünf Wochen Aufenthalt und meiner zunehmenden Gesundung an Wirksamkeit. In Abhängigkeit von Matthias Tages­verfassung nehmen wir uns manchmal ein grünes Tuk-Tuk und lassen uns in die Stadt fahren. Dann entstehen auch solche Bilder wie das unten vom Nadiad Vegetable Market. Die Einheimischen fragen teilweise danach, fotografiert werden zu können. Indien ist wirklich verrückt.

ca. 18.00Uhr
Zum Abendessen sind wir zurück. Für mich gibt es wieder Mungo­bohnen­suppe oder Yello Dal mit gedünstetem Gemüse. Die bittere pflanzliche Medizin ist wieder dabei. Meist beeilen wir uns, um halb Sieben den Sonnen­untergang auf dem Dach noch genießen zu können. 

22.00Uhr
Am Abend lese ich noch etwas, bevor ich fast pünktlich um Zehn müde werde.

Vegetable Market Nadiad

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2 Kommentare zu „Ein Tag am P.D. Patel Ayurveda Hospital“

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