Ölmassage

Die Pein beim Panchakarma

Niemand weiß genau, warum ausgerechnet die eine Person einen Typ-1-Diabetes entwickelt und eine andere Person nicht. Eine genetische Prä­dis­position hin oder her, eine wirklich kausale Erklärung gibt es in der westlichen Medizin aktuell nicht. Hoch­interessant ist das Verständnis über die Aus­prägung eines Typ-1-Diabetes im Ayurveda. Demnach wird die Erkrankung aufgrund einer Un­aus­ge­glichen­heit von Kapha hervor­ge­rufen. Kapha ist eines der drei Doshas, welche als physiologische Regulationsprinzipien eine der Grundlage im Verständnis von Ayurveda bilden. 

Die drei physiologischen Regulationsprinzipien des Ayurveda umfassen dabei das Bewegungsprinizp (Vata), das Stoffwechselprinzip (Pitta) und das Substanzprinzip (Kapha). Nach der Aussage einer meiner be­handelnden Ärzte ist es durchaus möglich, dass ein Eltern­teil mit einem un­aus­geglichenen Kapha, beispiel­sweise einer Depression, mit ver­ant­wortlich für die Ausprägung eines Diabetes bei seinem Kind sein kann. Epigenetik und Ayurveda, was für ein Forschungs­feld. 

Aus ayurvedischer Sicht sind diejenigen gesund, bei denen alle drei Doshas ausgeglichen sind. Sind Vata, Pitta oder Kapha entsprechend der individuellen Konstitution nicht ausbalanciert, kommt es über kurz oder lang zwingend zur Ausprägung von Krank­heiten. Eine Möglich­keit die Doshas wieder ins Gleichgewicht zu bringen ist das Panchakarma-Verfahren. Ich hatte in einem meiner vorherigen Beiträge nur kurz angedeutet, dass Panchakarma auch Neben­wirkungen hat. Neben dem Lösen, Mobilisieren und Aus­scheiden von Toxinen aus dem Körper werden ebenso tief­sitzende Gefühle wieder an die Oberfläche gebracht. In meiner westlichen Arroganz hielt ich diese Aussage für reine Esoterik. Doch die Wirklichkeit im Krankenhaus zeigte mir, was ich davon halten sollte.

Da ich den abendlichen Öl-Basti mehrfach nicht halten konnte, ordnete Professor Gupta wieder den Niruha Basti an. Doch seit dem Anfang dieser Aus­leilungen fahren meine Gefühle Achterbahn. Die Zeit nach den Bastis ist jedesmal eine Über­raschung. Es gibt Tage, an denen ist eine unglaubliche Last von meinen Schultern gefallen. In mir macht sich eine Leichtig­keit breit, die ich schon lange nicht mehr gespürt hatte. Ich fühle mich wohl und habe die Klarheit, die mir in der letzten Zeit gefehlt hat. Ich bin glücklich und schaue wieder zuver­sichtlich in die Zukunft.

Doch da gibt es solche Tage wie gestern. Meist spüre ich es bereits nach dem Aufstehen, das es wieder einer dieser Tage wird. Nach dem Basti kommt meist ein Thema hoch, was ich bereits zuvor bearbeitet hatte. Sei es die in keiner Weise überwundene Trennung von meiner Tochter oder auch das Begreifen des unglaublichen Glücks, einen Partner gefunden zuhaben, der bereit ist, sich mit meiner chronischen Grund­erkrankung auch auseinander zu setzen.

Meist bin ich an solchen Tagen allerdings niedergeschlagen und kraftlos. Alles fühlt sich schwerer an. Ich möchte eigentlich nicht mehr das Zimmer verlassen. Auf kleinste Un­an­nehm­lich­keiten reagiere ich dünn­häutig. Manchmal sitze ich in meinem Zimmer und weine ohne einen wirklichen Grund bitterlich. Ich frage mich dann, warum ich diesen Wahnsinn auf mich genommen habe und um die halbe Erde gereist bin, nur um dem bisschen Hoffnung auf Heilung hinterher zu hecheln. Für die Spätfolgen meines Diabetes mache ich mich dann allein verantwortlich. Ebenso mache ich mir Vorwürfe, dass ich mit meinem Diabetes­management einen langen Urlaub von einer chronischen Krank­heit gemacht habe, von der es keinen Urlaub gibt. Und warum sollte ausgerechnet Ayurveda mir da weiterhelfen?

Inzwischen habe ich ver­standen, dass dieses Freisetzen tief­sitzender negativer Gefühle ein wichtiger Teil des Genesungs­prozesses selbst ist. Von meinen ehemaligen Stations­genossen hatte ich ähnliche Erfahrungen vernommen. Alle berichteten mehr oder weniger von ähnlichen Zuständen des Rückzuges, Zweifelns und Haderns. Wie auch bei mir wechselten glück­licher­weise auch bei Ihnen diese negativen Zustände mit den positiven. Einem Tipp zum Bewältigen bin ich gestern nach­gegangen. Ich habe meine Gedanken aufgeschrieben. Das hilft wirklich bei der Orientierung meiner aufgewühlten Emotionen.

In diesem Sinne wünsche ich bei 42°C im Schatten: Frohe Ostern. 


Aus gegebenen Anlass möchte ich noch einmal auf den Endtermin meines Crowd­fundings nächste Woche hinweisen. Auch wenn das schier Unglaubliche bereits eingetreten ist, möchte ich die Gelegen­heit dennoch nutzen und noch einmal die Werbe­trommel rühren. Bitte verteile den Link auf Facebook oder einem anderen sozialen Netzwerk. Vielleicht kannst Du auch einen kurzen Spruch dazu verfassen. 

Vielen herzlichen Dank, Peter

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6 Kommentare zu „Die Pein beim Panchakarma“

  1. Bewundere, dass Du so offen über die schlechten Tage sprichst. Erstaunlich und interessant das Ganze, obwohl die „westliche Arroganz“ auch bei mir noch überwunden werden muss.

  2. Denk immer an Star Trek und Dr. Leonard McCoy – die Schwere des Leidens bleibt zeitlich begrenzt. Im Gegensatz dazu, wäre vor 100 Jahren ein Typ 1 Diabetiker in Deinem Alter schon verstorben. Was einen dann auch nicht zu trösten vermag. Die Sache ist teuflisch und eine Prüfung der mentalen Konstitution. Ich glaube an Dich, Du wirst es schaffen.

    1. Lieber Jörg,

      nein, so schlimm ist es nicht. Es ist ein auf und ab. Unter dem Strich geht es mir wirklich gut. Es sind die unerwarteten Momente, die mich hier einfach staunen lassen. Der Beitrag ist nur ein schwaches Beispiel dafür, dass Körper und Geist untrennbar miteinander verbunden sind. Die Inder haben das verstanden. Wir brauchen erst mal eine App, die uns das signalisiert. So viel zum Fortschritt.
      Ich wünsche dir schöne Ostern.

      Viele Grüße, Peter

  3. Hallo Peter,
    sei stolz auf Dich, Dir „Ayurveda im Orginal “ mit einem erfahrenen Arzt „angetan“ zu haben, so lange es diese ursprüngliche Behandlung noch gibt. Was Deine Vorfahren falsch gemacht haben, hilft Dir nicht weiter.
    Hauptsache Du lernst Deine Lektion, was Du ab Deiner Rückkehr anders, nicht mehr und was Du in Deinen Alltag integrieren wirst. Auch mit den ayurvedischen Erklärungen für die Krankheitsursachen unserer chronischen Zivilisationskrankheiten kannst Du Dich „erkenntnisgewinnend“ beschäftigen. Das ist spannend und neue, wichtige und selbst gewonnene Erfahrungen helfen auch „Tiefs“ zu überwinden. Eine gute Woche wünscht Dir Nora!

    1. Liebe Nora,
      vielen Dank für Deinen Kommentar. Nein, ich kann nicht behaupten, dass ich meinen Aufenthalt in diesem Krankenhaus der klassischen Ayurveda-Medizin bereue. Die Behandlungen zeigen ihre Erfolge nicht sofort. Es dauert zuweilen einige Zeit. Dennoch fühle ich mich wohl und gesünder als die letzten Jahre zuvor. Die Herausforderung ist wirklich die Anpassung an mitteleuropäische Verhältnisse. Die Essensumstellung wird dabei der größte Brocken werden. Nachdem ich nun hier im Alltag die positiven Auswirkungen in aller Deutlichkeit spüre, wird meine Motivation zur Veränderung nun allerdings auch eine andere sein.

      Sei herzlich gegrűßt,
      Peter

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